Ochs am Berg. Ein Kinderspiel
Ich spielte Ochs am Berg, sang vor mich hin und glaubte an Gott. Denn es war leichter, an Gott zu glauben, als an gar nichts.
Lernte Fahrrad fahren. Pfarrer spielen wie der Pfarrer auch.
Damals schon, von der Wiege weg, hat man mich auf den Arm genommen.
Wahrlich, Ochs am Berg.
Angefangen hat es als Kinderspiel: Du nimmst einen Ball in die Hand und fängst an zu zählen eins zwei drei. Die erste Runde ist die Spielrunde.
Ochs am Berg ist zuerst ein Kinderspiel.
Man steht mit dem Gesicht zur Wand und achtet schon von Anfang an, dass man nicht auf die Nase fällt.
Heute weiß ich: Das war nur für den Anfang, das war nur der Anfang, das war nur Anfang.
Du erinnerst dich noch an das Spiel, weißt aber nicht mehr, wie es geht, und musst ein Kind fragen. Es erklärt mir Ochs am Berg. Wie es geht, sei mein süßes Geheimnis.
Und an Regentagen der Versuch, unter dem Dach in die Ewigkeit vorzustoßen durch Zählen. Sich bis unendlich vorzählen, das war ein langweiliges Spiel und auch nur bei Regen, wenn nichts anderes möglich war, als im Schuppen auf das Ende des Regens zu warten. Die Katzen machten es ebenso, strichen an der Hauswand entlang und um uns herum. Nur meine Lieblingskatze hatte einen Namen, doch nicht einmal Gigi hörte auf mich. Sie verfolgte unser Zählspiel, das Ewigkeit hieß, am Rande und verschwand, ohne das Ende abzuwarten.
Ich spielte Ochs am Berg vor einem Scheunentor, auf dem haargenau mein alter Name stand, vor irgendwelchen Jahrhunderten dort angebracht im Querformat. Wenn ich vor diesem Scheunentor, das meinen Namen trug und mich nicht meinte, den Ochs am Berg zu spielen hatte, der ich war, der ich erst werden sollte, denn ...
die Erinnerung ist schon fast über mich hinausgewachsen. Sie ist jetzt schon höher als unser Kirchturm und muss also, während der noch dick auf unebenem Boden steht, schon auf der Seite des Himmels, ja, ein Teil von diesem sein, dass ich hier sitze, so weit weg.
Als ich vom Friedhof zurückkam, vernahm ich einen Schmerz, und ich konnte gar nicht sagen, wo er war. Ich hätte, wenn ich hätte etwas sagen können: »überall« sagen müssen.
Und dann Dr. Schwellinger, Dr. Methfessel und der Aufbruch in Richtung Patagonien. Bis Frankfurt war es genau dieselbe Strecke, waren es dieselben Geleise, auf denen wir fuhren.
Ich bin wohl in mein Schicksal verliebt. Das ist meine Rettung. Zum Halbwegsverstehen geboren, bin ich mit der anderen Hälfte in mein Schicksal verliebt.
»'S soll kui G'schiechd drous werre«, sage ich mir.
Der verdrehte Weltschmerz hat mich ergriffen, die Flucht nach vorn. Ich muss umdenken.
Meine Art von Zukunft zwingt mich zum Umdenken. Wäre einer jener konfusen Alten geworden.
So bin ich schon einer jener konfusen Jungen.
Milder werden! (Vorgezogene Altersweisheit). Mich warm anziehen. Nicht mehr ohne Schlafanzug ins Bett.
Mit Hoffnung. Mit Schlafanzug.
Wie oft habe ich mich betrogen, wenn ich tot umfallen wollte. Ich wollte doch nur einschlafen.